Projektbeschreibung AddAlB4C:
Aluminium-B4C-Verbundwerkstoffe für das pulverbettbasierte selektive Laserschmelzen

Ausgangslage:
Industriekeramiken, speziell Borcarbid (B4C), weisen eine sehr hohe Härte, Festigkeit und Verschleißbeständigkeit auf. Der Nachteil aller Industriekeramiken ist jedoch die geringe Duktilität und damit verbundener Sprödbruch bei schlagartiger Belastung. Metalle hingegen weisen gegenteilige Eigenschaften auf. Aluminiumlegierungen zum Beispiel sind weniger hart, fest und Verschließbeständig, weisen dafür aber eine hohe Duktilität auf. Aus diesem Grund bietet sich ein Verbundwerkstoff aus Keramik und Metallwerkstoffen an, um die jeweiligen positiven Materialeigenschaften zu kombinieren und gleichzeitig die Nachteile zu eliminieren. Entsprechend haben sich bereits sogenannte Metall-Matrix-Verbundwerkstoffe (engl. Metal Matrix Composites, MMC) am Markt durchgesetzt. Die Herstellung dieser vorteilhaften Werkstoffklasse erfolgt meist durch Rührgießen bzw. metallisches Spritzgießen und soll nun auch in der additiven Fertigung Einsatz finden.
Speziell in der Luft und Raumfahrtindustrie werden Aluminiumwerkstoffe mit hoher Festigkeit gefordert, die im pulverbettbasierten selektiven Laserschweißen (engl. powder bed fusion-laser beam: PBF-LB) verarbeitet werden können. Damit ist es möglich, leichtere Struktur und Funktionsbauteile herzustellen, die mit klassischen Fertigungsverfahren nicht zu fertigen sind. Verschiedene Strukturbauteile werden bereits erfolgreich in neuen Flugzeugen eingesetzt [1] und tragen zum emissionsfreien Luftverkehr bei. Weitere 1602 kg an Komponenten in einem A320 Passagierflugzeug bieten das Potential, durch additiv gefertigte Bauteile ersetzt zu werden und damit Gewicht bzw. CO2 im Betrieb einzusparen (1417,51 tCO2/kg)[2].
Aktuell werden entsprechende hochfeste Aluminiumlegierungen durch die Zugabe der seltenen Erde Scandium hergestellt, deren Preis bei 6200 €/kg liegt [3]. Der Einsatz eines MMC mit der Keramik B4C (60 €/kg) könnte die gleichen Eigenschaften erreichen, allerdings zu einem deutlich reduzierten Preis bei zusätzlich 70 % höherer Steifigkeit von bis zu 119 GPa [4], wodurch eine wirtschaftliche Herstellung von Flugzeugen gefördert wird. Neben der Kostenersparnis sprechen weitere Aspekte gegen die Verwendung von Scandium. Zum einen ist der energetische Aufwand zur Gewinnung von Scandium sehr hoch, wodurch die Umweltbilanz entsprechender Bauteile herabgesetzt ist [5]. Zum anderen besteht ein hohes Versorgungsrisiko. Von der EU-Kommission wurde der Rohstoff 2020 wieder als ein für die EU kritischer Rohstoff eingestuft. Die Substitution kritischer Rohstoffe in Bauteilen stärkt damit die von der EU angestrebte offene strategische Autonomie [6].

Die Entwicklung eines neuen Aluminiumverbundwerkstoffes für die additive Fertigung zielt somit auf die günstigere und leichtere Fertigung von Luft- und Raumfahrtkomponenten, die von der Industrie gefordert werden, ohne den Einsatz kritischer Rohstoffe.

Ziele:
Ziel dieses Projektes ist es, einen hybriden Verbundwerkstoff aus AlSi10Mg und B4C für den PBF-LB-Prozess zu entwickeln, die Prozessparameter für die Verarbeitung und die mechanischen Eigenschaften aufzuzeigen, um eine Markteinführung zu ermöglichen.

Vorgehen:
Zur Erreichung des Projektzieles sind verschiedene Schritte notwendig.
1. TiC-Belegung der B4C-Partikel zur Verbesserung der Fließfähigkeit feiner B4C-Partikel, zur Ausbildung einer Grenzphase zwischen Aluminium und B4C und zur Reduktion von Heißrissen in der Aluminium Matrix
2. Vermischung von belegten B4C und Aluminiumpulver durch einen hoch Risiko Vertropfprozess zu einem Pulver mit einer durchschnittlichen Partikelgröße von 40 µm. Alternativ: Vermischung des belegten B4C-Pulvers mit einem Aluminiumpulver in einem Taumelmischprozess.
3. Untersuchung verschiedener Prozessstrategien zur rissfreien Verarbeitung des Pulvers im PBF-LB-Prozess.
4. Analyse der mechanischen Eigenschaften des neuen Materials.

Quellen:
[1] Grünes Fliegen: Ein ehrgeiziges Ziel. https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/nationale-luftfahrtkonferenz-1930734 (accessed on 11.08.2021).
[2] Ludwig I (2021) INCREASING RESOURCE EFFICIENCY OF AVIATION BY INNOVATIVE MATERIALS AND BIONIC DESIGN FOR METAL COMPONENTS MADE BY ADDITIVE MANUFACTURING.
[3] ISE - Institut für seltene Erden und strategische Metalle. Aktuelle Marktpreise für Seltene Erden. https://institut-seltene-erden.de/aktuelle-marktpreise-fuer-seltene-erden-2-quartal-2018/ (accessed on 11.08.2021).
[4] Chawla N, Jones JW, Andres C, Allison JE (1998) Effect of SiC volume fraction and particle size on the fatigue resistance of a 2080 Al/SiC p composite. Metall and Mat Trans A 29(11):2843–54.
[5] Bierdel M, Pfaff A, Kilchert S, Köhler A, Baron Y, Bulach W (2019) Ökologische und ökonomische Bewertung des Ressourcenaufwands.
[6] Europäische Kommission (2020) MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN: Widerstandsfähigkeit der EU bei kritischen Rohstoffen: Einen Pfad hin zu größerer Sicherheit und Nachhaltigkeit abstecken.

Laufzeit: 01.07.2022 – 30.06.2024 Fördervolumen: ca. 0.422 Mio. €