Teilprojekt D1: Mikrobauteilzustand

Analyse von Gefüge, Eigenspannungszustand, Verfestigungszustand und Topographie urgeformter Mikrobauteile

Übersicht

Motivation

Bauteilkomponenten der Mikrosystemtechnologie unterliegen hohen Qualitaetsanspruechen. Dies liegt daran, dass mit abnehmenden Bauteildimensionen eine Reihe von Anisotropie-effekten auftreten können, welche sich negativ auf die Anwendbarkeit auswirken. Um der Qualitaetssicherung genuege zu tragen, muessen Methoden entwickelt werden, welche Struktur und Eigenschaften in fertigen Mikro-Bauteilkomponenten korrelieren. Die Ziele des Teilprojektes D1 lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Charakterisierung von Mikrostruktur, Topographie und Eigenspannungen in Mikro-bauteilen aus keramischen und metallischen Materialien
  • Entwicklung einer experimentellen Methode zur Korrelation von Herstellungs-parametern und resultierenden Eigenschaften in Mikrobauteilen
  • Auswirkung von thermischen oder mechanischen Nachbehandlungen auf gefertigte Mikrobauteile zur Optimierung der Eigenschaften unter thermomechanischer Bean-spruchung
  • Charakterisierung nach thermischer oder mechanischer Nachbehandlung sowie Integration der Nachbehandlung in den Fertigungsprozess
  • Entwicklung eines Dimensionierungskonzeptes basierend auf realistischen Toleranzen, Geometrien und Nachbehandlungsparametern welche in dem Teilprojekt untersucht wurden.

Verwendete Methoden

Um die o. g. Ziele zu erreichen werden Proben, die über Mikrogießen und Mikropulverspritz-giessen hergestellt wurden in Hinblick auf Kornmorphologie (Korngroesse und -form), Porositaet, Phasenanteile, Oberflaechenrauhigkeit, Haerte und Eigenspannungszustand mit unterschiedlichen Methoden charakterisiert.
Auf Grund von thermomechanischen Effekten, welche unweigerlich mit dem Herstellungs-prozess verbunden sind, können Eigenschaftsgradienten innerhalb von Mikroproben entstehen. Metallographische Schliffe werden oft angefertigt, um Informationen der Proben mittels optischer Verfahren wie der Lichtmikroskopie, Rasterelektronenmikroskopie, Transmissionselektronenmikroskopie sowie mit fokussiertem Ionenstrahl zu erhalten. Die Kombination dieser Methoden ermöglicht die Strukturuntersuchung in einem Aufloesungs-bereich von 0,08 bis 200 nm, durch den Gradienten der Mikrostruktur innerhalb der Probe abgebildet werden koennen. Die Phasenanteile und der Eigenspannungszustand (charakterisiert durch das sin2ψ -Verfahren) werden durch Roentendiffraktion ermittelt. Hierbei werden sowohl konventionelle Roentgenroehren, als auch Synchrotronquellen verwendet, um auch Anteile von schwach streuenden Phasen oder sehr geringen Volumenanteilen ermitteln zu koennen.
Spezialdetektoren, wie beispielsweise der Flaechendetektor (IWK I, Universitaet Karlsruhe) oder der MAXIM (Materials X-ray IMaging) Detektor gewaehrleisten, dass die an den o. g. Phasen gestreute Photonen mit hoher raeumlicher Aufloesung detektiert werden koennen.
Die so gewonnenen Ergebnisse werden mit mechanischen und tribologischen Untersuchungen aus den Teilprojekten D2 und D3 zusammengeführt. Dies ermoeglicht die Korrelation der Mirkostruktur und des Eigenspannungszustandes innerhalb der Mikroprobe mit dessen Deformations-, Versagens- und Reibverhaltens. Gemaess den Ergebnissen werden die Herstellungsparameter entsprechend angepasst, um die Qualitaetsanforderungen zu erfuellen.
Thermische Nachbehandlungen der hergestellten Mikroproben werden unter Vakuum oder Atmosphaerendruck durchgefuehrt, um Phasenumwandlungen zu initiieren, welche sich beispielsweise in Goldlegierungen verfestigend auswirken koennen.
Die mechanischen Nachbehandlungen werden an den entsprechenden Einrichtungen am IWK I (Universitaet Karlsruhe) durchgeführt. Zur Verfügung steht eine Mirkokugelstrahl-anlage "Iepco" welche über eine fuenfachsige CNC-Maschine verfuegt. Diese Apparatur kann mit Proben von Abmessungen bis zu 150 x 150 x 50 mm3, Strahlmittel mit Durchmessern von 10 - 200 µm typischerweise aus Glas, Keramik oder abrasiven Materialien, sowie Druecken von 1,5 - 7 bar betrieben wird. Kugelstrahlen fuehrt im Allgemeinen zu Druckeigen-spannungen an der Bauteiloberflaeche, welche sich positiv auf die Ermüdungsfestigkeit auswirken.

Ergebnisse

Abbildung 1. (a) Typische Mikroprobe, (b) Roentgendiffraktometer an der Synchrotronquelle DESY (HASYLAB G3-beamline), (c) Diffraktogramme von Aluminium-Bronze-Proben, welche mittels Vakuumdruckguss (VPC) oder Schleuderguss (CC) hergestellt wurden (im Zustand nach dem Giessen sowie nach thermischer und mechanischer Nachbehandlung), (d) Eigenspannungen über Temperatur der Schmelze für Aluminium-Bronze-Proben bei unterschiedlichen Nachbehandlungsbedingungen.

Abbildung 2: Mikrogegossene Aluminium-Bronze (a) nach dem Giessen, (b) nach zusaetzlicher Waermebehandlung. Die Thermische Nachbehandlung fuehrt zur Ausbildung der intermetallischen -Phase (grau) welche sich positiv auf die mechanische Festigkeit auswirkt.

Abbildung 3: Groesseneffekte hervorgerufen durch unterschiedliche Temperaturen der Schmelze, unterschiedliche Giessmethoden und Probengeometrien in Aluminium-Bronze-Proben. Diese Effekte haben einen grossen Einfluss auf die mechanische Festigkeit, bei denen Proben mit feiner Mikrostruktur höhere mechanische Festigkeiten unter Zugbeanspruchung zeigen.

Abbildung 4: (a) Flaechendetektor (links) und Diffraktometer am IWK I - Universitaet Karlsruhe. (b) Diffraktogramm einer mittels Mikrogiessen hergestellten Mikroprobe des ternaeren Systems AuAgCu im Zustand nach dem Giessen sowie nach thermischer Nachbehandlung. Die Ausbildung der metastabilen Phase AuCuI' lässt sich beobachten, welche zu einem Anstieg der Haerte fuehrt und fuer gute tribologische Eigenschaften benoetigt wird.

Abbildung 5: Mikrobauteil eines Mikrogetriebes, hergestellt durch Sinterung welche durch Sintertemperatur, Entbinderungszeit und Zusammensetzung des Feedstocks beeinflusst wird. (a) REM Aufnahme der Bauteilpaarung zeigt das eisenreiche Zahnrad auf der Co-WC-reichen Welle. Die Graphen zeigen EDX Scans der Bauteilpaarung mit Diffusionszonen von ungefaehr (b) 30 µm, (c) 30 µm, (d) 15 µm. Die uebrigen Daten dieses Systems zeigen, dass Porositaet und Oberflaechenrauhigkeit durch die Herstellungsparameter kontrolliert werden.

Abbildung 6: REM Aufnahmen zweier gesinterter Siliziumnitrid Mikroproben (a) mit Y2O3+Al2O3 Additiven, (b) mit Y2O3+MgO Additiven, (c) Roentgen-Diffraktogramm zeigt die Phasenanteile. Die hoehere mechanische Festigkeit der Si3N4 (SiO5)-Probe laesst sich auf einen wahrscheinlich hoeheren Glasanteil zurueckfuehren.

Figure 7. (a) Lichtmikroskopische Aufnahme einer mikropulverspritzgegesonnen Probe aus 17-4PH, (b) roentgenographisches Beugungsbild einer 17-4PH Probe, welches ausschliesslich auf die -Fe Phase hinweist, (c) Sin2 Verlauf einer mikropulverspritzgegesonnen 17-4PH Probe mit gemessenen Zugeigenspannungen in Hoehe von 450 MPa.