Teilprojekt C2: Mikroguss, Feinguss von Mikroteilen

Übersicht

Motivation

Mit der Erforschung und Entwicklung eines geeigneten Präzisionsgießverfahrens zur Fertigung mikrostrukturierter Bauteile stünde der Mikrotechnik eine große Palette komplexer metallischer Legierungen zur Verfügung, die sich gegenüber reinen Metallen durch erhöhte Festigkeitswerte auszeichnen.

Bild 1: Gießbäumchen mit 18 Mikro-Zugproben (Querschnitt: 130 x 260 µm², Länge: 4 mm),
Werkstoff: Goldbasislegierung Stabilor® G

Das Ziel dieses Teilprojektes ist daher die Entwicklung eines Feingießverfahrens zur Herstellung von Mikrokomponenten aus gießbaren Metalllegierungen unter Berücksichtigung spezieller Anforderungen der Mikrotechnik. Im Mittelpunkt des Vorhabens steht die gießtechnische Realisierung von Komponenten mit äußeren Dimensionen im Millimeter- und Submikrometerbereich mit Strukturdetails im Bereich von 10 - 100 µm und Fließlängen- zu Wanddickenverhältnissen von über 5. Wesentliche Zielkriterien sind eine vollständige Formfüllung, Oberflächenrauheiten von deutlich unter 1 µm sowie ein homogenes Gefüge und ausreichende mechanische Eigenschaften. Die Beeinflussung dieser Produktmerkmale durch die Prozessparameter wird untersucht. Außerdem werden in Zusammenarbeit mit den Teilprojekten des Projektbereichs D Prozess-Gefüge-Eigenschaftsbeziehungen ermittelt und gemeinschaftlich im Arbeitskreis Qualitätssicherung Maßnahmen zur Prozessoptimierung erarbeitet.

Während der Fokus der Arbeiten zunächst auf der Erforschung der mikrospezifischen Verfahrensparameter für den Guss einer kommerziellen Goldbasislegierung lag, steht in der laufenden zweiten Projektphase die Erweiterung der Werkstoffpalette um unedle Legierungen im Vordergrund. Als Hauptproblem zeichnet sich dabei die Nachbearbeitungsfreiheit ab, die für Mikrobauteile wegen ihrer geringen Größe und der notwendigen Maßhaltigkeit im µm-Bereich gefordert werden muss. Da der Weg über eine chemische Entfernung der Einbettmasse bei unedlen Legierungen im Allgemeinen zu einem Korrosionsangriff führt, ist der Einsatz von leicht

Bild 2: Zahnrad für Mikrogetriebe (Kopfkreisdurchmesser 371 µm), Werkstoff: Al-Bronze

lösbaren Einbettmassen notwendig. Deshalb wird in der zweiten Projektphase neben der Entwicklung des Mikrogussprozesses für die unedlen Legierungen CoCrMo und Al-Bronze vorrangig die Einsetzbarkeit verschiedener Einbettmassen unter dem Aspekt der Lösbarkeit untersucht werden. Einerseits werden dazu neue von Teilprojekt B1 entwickelte Einbettmassen getestet und andererseits schonendere Ausbettverfahren als das in der Dentaltechnik übliche Sandstrahlen bzw. Ätzen entwickelt.Zusätzlich werden die Einbettmassen auf ihre Eignung zur Herstellung formhaltiger Gussstücke bis in den Mikrometerbereich, sowie hinsichtlich der erzielbaren minimalen Oberflächenrauheit untersucht. Außerdem wird der Mikrogießprozess für die Edelmetalllegierung Stabilor® G hinsichtlich einer weiteren Miniaturisierung der Gussstücke weiterentwickelt. Hierbei kommen besonders die Vorzüge der in der ersten Phase speziell für den Mikroguss entwickelten Schleudergießmaschine zum Einsatz, die durch ihren hohen Fülldruck auch die Formfüllung extrem feiner Strukturen mit sehr hohen Aspektverhältnissen ermöglicht.

Ergebnisse

Durch Einsatz der im Teilprojekt B1 entwickelten, gut löslichen Einbettmasse auf Gipsbasis ist es möglich, Strukturdetails bis minimal 25 µm mit einer Al-Bronze zu gießen. Die Gussteile lassen sich ohne mechanische oder chemische Schädigung der Oberfläche ausbetten und weisen ohne Nachbearbeitung eine metallisch glänzende Oberfläche auf.

Bild 3: Düsenplatte für Mikroturbine (Kanalbreite 25 µm), Werkstoff: Al-Bronze

Fließlängenversuche zur Gießbarkeit von 9 mm langen zylindrischen Fasern aus Al-Bronze zeigen, dass die Vorwärmtemperatur der Form bei diesem Werkstoff anders als bei der Goldbasislegierung Stabilor® G (Bild 4) nur einen geringfügigen Einfluss auf die erzielbare Fließlänge hat. Ursache dafür ist das Verhältnis von Vorwärmtemperatur zu Schmelzintervall der vergossenen Legierungen. Bei der Al-Bronze liegt die Schmelztemperatur mit 1020 - 1040°C in beiden Fällen über der Vorwärmtemperatur, bei der Goldbasislegierung mit 860-940°C jedoch zwischen den beiden getesteten Vorwärmtemperaturen, d.h. bei der Vorwärmtemperatur von 1000°C findet im letztgenannten Fall während der Formfüllung noch keine Erstarrung in der Form statt.

Bild 4: Abhängigkeit der Fließlängen vom Fülldruck bei zwei verschiedenen Faserdurchmesser, Werkstoffe: Al-Bronze (oben) und Stabilor® G (unten)

Die Gefügeausbildung der Gussteile wird von der jeweiligen Temperatur der Gussform bestimmt. Versuche mit vakuum-druckgegossenen Stäbchen mit 3 mm Durchmesser machen deutlich, dass die Korngröße sowohl für die Goldbasislegierung als auch für die Al-Bronze mit zunehmender Vorwärmtemperatur ansteigt (Bild 5). Für Stabilor® G beträgt die Korngröße bei einer Vorwärmtemperatur von 100°C etwa 30 µm und bei 1000°C rund 100 µm, für die Al-Bronze steigt die Korngröße von ca. 30 µm auf ca. 170 µm an.

Bild 5: Gefügeausbildung von Stabilor® G (oben) und Al-Bronze (unten) in Abhängigkeit von der Vorwärmtemperatur, links: Vorwärmtemperatur 100°C, rechts: Vorwärmtemperatur 1000°C

Die Oberflächenrauheit der Gussteile wird von der verwendeten Einbettmasse bestimmt. Während beim Abguss von Stabilor® G in einer kommerziellen Einbettmasse aus der Dentaltechnik (Deguvest CF von Degussa dental GmbH) eine Rauheit von Ra = 1,13 µm erreicht wird, kann die Oberflächenrauheit durch die Verwendung verbesserter Einbettmassen mit erhöhtem Feinkornanteil auf Ra = < 0,5 µm reduziert werden (Bild 6).

Bild 6: Rauheitsprofile gegossener Proben aus Stabilo® G hergestellt in verschiedenen Einbettmassen, links: Deguvest CF, rechts: feinkörnige Versuchseinbettmasse