Teilprojekt B6: Kombination von Erodieren und Laserablation zur Mikrostrukturierung

Übersicht

Motivation

Abtragende Fertigungsverfahren gewinnen in der Mikrofertigung zunehmend an Bedeutung. Insbesondere bei der Herstellung von Formeinsätzen für den Pulverspritzguss sind hochfeste, gehärtete und damit meist verschleißfeste Werkstoffe wünschenswert, um so die Standzeit zu erhöhen. Bei der Strukturierung mittels Fräsen ist man prozessbedingt auf Werkstoffe mit Härtegraden kleiner als 62 HRC beschränkt. Die Verfahren Mikrofunkenerosion (oder EDM: Electrical Discharge Machining) und Laserablation eignen sich beide zum berührungslosen und damit prozesskraftfreien Materialabtrag, unabhängig von mechanischen Werkstoffmaterialeigenschaften wie der Härte oder der Festigkeit.
Beide Verfahren besitzen jedoch spezifische Vorteile, wie in der folgenden Tabelle dargestellt. Beispielsweise können beim Erodieren mit großem Elektrodendurchmesser im Vergleich zur Laserbearbeitung relativ hohe Abtragsraten erzielt werden.

 ErodierenLaserablation
Vorteile
  • Hohe Aspektverhältnisse möglich
  • Relativ hohe Abtragsleistung bei großem Elektrodendurchmesser
  • Alle Materialien
  • Kein Verschleiß
  • Kleinste Strukturgrößen möglich

Nachteile
  • Elektrodenverschleiß
  • Nur leitfähige Materialien
  • Min. Werkzeugdurchmesser derzeit 40 µm
  • Kleine Aspektverhältnisse
  • Geringe Abtragsraten zur Erzeugung hoher Oberflächenqualitäten
  • Erzeugung vertikaler Wände aufwendig

Durch die Kombination beider Verfahren lassen sich die spezifischen Vorteile kombinieren und die Nachteile teilweise eliminieren. Dabei kann nicht a priori ein Verfahren als besonders geeignet für ein bestimmtes Bauteil festgeschrieben werden, vielmehr scheint eine Auswahl anhand des Bearbeitungsfalls bzw. der Bearbeitungssituation sinnvoll.

Zielsetzung

Ziel des Teilprojektes ist die Kombination der beiden Verfahren Mikrofunkenerosion und Laserablation auf einer Werkzeugmaschine, um dadurch Umspannverluste vermeiden zu können. Hierzu sind folgende Teilziele angestrebt:

  • Ermittlung der optimalen Prozessparameter für die Laserbearbeitung von Stahl
  • Entwicklung von Bearbeitungsstrategien für Laserbearbeitung
  • Entwicklung einer kombinierten Bahnerodier-/Lasermaschine
  • Entwicklung einer Abtragsregelung
  • Erweiterung des Strukturen- und Microfeaturekatalogs zur Einteilung in Erodier- und Laserstrukturen
  • Abfolgeplanung für die Prozesse EDM und Laser (s. Bild 1)

Das Teilprojekt arbeitet eng mit Teilprojekt B4 Mikrofunkenerosion zusammen, da dort der EDM-Prozess näher untersucht wird und so auf Verfahrensparameter zurückgegriffen werden kann.

Bild 1: Abfolgeplanung der Prozesse EDM und Laser

Laserabtrag

Grundsätzlich werden beim Materialabtrag mittels Laserstrahlung zwei Prozesse unterschieden: photochemischer Abtrag und Sublimation. Photochemische Prozesse kommen hauptsächlich bei der Bearbeitung von Kunststoffen und Keramiken zum Tragen. Sie führen zu einem Aufbrechen der Molekülbindungen ("kalter Abtrag"), wodurch eine sehr gute Oberflächenqualität erreicht werden kann. Bei metallischen Werkstoffen dagegen erfolgt der Abtrag durch Verdampfen und Schmelzen des Materials, wodurch sich Schmelzablagerungen in unmittelbarer Nähe der bearbeiteten Struktur ausbilden. Wie in Bild 2 dargestellt, kann die Schmelzbildung durch eine Verkürzung der Pulsdauer des Lasers zu Pikosekunden und eine Reduktion der eingestrahlten Energie bis knapp über die Abtragsschwelle deutlich reduziert werden. Die thermische Diffusionstiefe ist aufgrund der kurzen Einwirkdauer auf einige 100 nm begrenzt und auch die Oberflächenqualität wird deutlich verbessert. Der Pikosekundenlaser besaß hierbei eine Pulsdauer von 13 ps bei einer Pulsenergie von 30 µJ, der Nanosekundenlaser eine Pulsdauer von 30 ns und eine Pulsenergie von 15 µJ.

Bild 2: Laserablation in Stahl. Links: Abtrag mit einem Pikosekundenlaser, rechts: Abtrag mit einem Nanosekundenlaser

Eine weitere Verkürzung der Pulsdauer zu Femtosekunden ist nicht sinnvoll, da einerseits die extrem hohe Leistungsdichte den Laserstrahl in Luft durch nichtlineare Effekte defokussiert. Andererseits sind Femtosekundensysteme teuer in der Anschaffung und im Unterhalt und deswegen für einen industriellen Einsatz weniger geeignet.

Die Laserablation kann auch für die Herstellung von strukturierten Elektroden für das funkenerosive Senken genutzt werden. In Abbildung 3 rechts ist eine mittels Pikoseknundenlaser strukturierte Elektrode mit einem Durchmesser von 500 µm dargestellt. Die mit dieser Elektrode in Werkzeugstahl senkerodierte Kavität weist eine Tiefe von 0,2 mm auf. Die Oberflächenrauheit am Grund wurde zu Ra = 0,4 bzw. Rz = 1,03 µm bestimmt. Die benötigte Bearbeitungszeit für den Erodierprozess betrug ca. 15 Minuten.

Abbildung 3: Über Senkerosion hergestellte Kavität in X38CrMoV5-1 (links). Die Elektrode aus Hartmetall wurde mittels Laserablation strukturiert (rechts)

Abtragsregelung

Bei der Bearbeitung mit einem fokussierten Laserstrahl muss die Fokusebene ständig angepasst werden. Da die Abtragshöhe pro Schicht aufgrund von Materialinhomogenitäten variieren kann, wurde eine Abtragsregelung entwickelt, die auf Basis von Messungen eines Abstandssensors die aktuelle Distanz zwischen Werkstück und Objektiv während der Bearbeitung ermittelt, diesen Wert mit dem vorgegebenen Soll-Abstand vergleicht und bei Abweichungen die z-Achse entsprechend nachregelt. Zum Einsatz kommt hierbei ein konfokaler Weißlichtsensor mit einer Auflösung von 300 nm.

In der folgenden Abbildung 4 ist der prinzipielle Aufbau der Abtragsregelung gezeigt. Das Licht des Bearbeitungslasers weist eine Wellenlänge von 355 nm auf und kann durch den dichroitischen Spiegel transmittieren. Da dieser reflektiv für den Wellenlängenbereich des Sensors ist, kann der Messstrahl dem fokussierten Laserstrahl überlagert werden. Die erfassten Daten werden dann von der Steuerung ausgelesen und das Objektiv und damit die Fokusposition können nachgeregelt werden.

Abbildung 4: Prinzipieller Aufbau der Abtragsregelung (links). Experimenteller Aufbau zur Abtragsregelung (rechts)

Kombiniertes Bearbeitungszentrum

In einem Fünf-Achs-Bearbeitungszentrum sind eine Pikosekunden-Laserquelle und ein Senkerodierkopf integriert. Das Werkstück wird mittels eines x-y-Tisches und zwei aufgesetzten Goniometertischen verfahren, wobei der Laser über ein Objektiv auf einen Fokusdurchmessers bis zu 7 µm direkt auf das Werkstück fokussiert wird. Sowohl im Objektiv, als auch im Senkerodierkopf sind voneinander unabhängige z-Achsen montiert.

Der verwendete Nd:YAG Laser wird frequenzverdreifacht und arbeitet bei einer Wellenlänge von 366 nm. Die erzeugten Pulse von ungefähr 15 ps gewährleisten eine geringe Wärmebeeinflussung des bearbeiteten Werkstücks.

In Bild 6 ist ein kombiniert durch EDM und Laserablation hergestelltes Zahnrad (Außendurchmesser: 300 µm) abgebildet. Hierzu wurde zunächst der innere Teil mit einer zylindrischen 200 µm erodiert und danach die kleinen Zahnstrukturen mit dem Pikosekundenlaser ablatiert. Da die Breite der Zähne nur 20 µm beträgt kann dieser Teil nicht erodiert werden. Durch die kombinierte Bearbeitung kann die Bearbeitungszeit um mehr als 50 % gesenkt werden.

Bild 5: kombiniertes Bearbeitungszentrum

Bild 6: Zahnrad, hergestellt durch Erodieren und Laserablation

Zur weiteren Flexibilisierung und Erweiterung des Bearbeitungsspektrums ist ein Forschungsziel der aktuellen SFB-Phase die Entwicklung einer integrierten Bahnerodier-/Lasermaschine sowie die Erarbeitung von Strategien zur kombinierten Bearbeitung durch Bahnerosion ("Erodierfräsen") und Laserablation.

Die beiden Prozesse stellen sehr unterschiedliche Anforderungen an die Maschinenkinematik. So erfordert die Bahnerosion beispielsweise nur sehr geringe Verfahrgeschwindigkeiten der Achsen, während bei der Laserbearbeitung wesentlich dynamischere Achsen notwendig sind. Des Weiteren ist die Regelung der Achsantriebe für den Erosionsprozess relativ komplex, da der Abstand der Elektrode zum Werkstück ("Funkenspalt") abhängig vom Arbeitsstrom ständig nachgeregelt werden muss. Daher wurde die Entwicklung einer kombinierten Bahnerodier-/Lasermaschine nötig, bei der die Steuerung an beide Prozesse angepasst ist. Die Anlage befindet sich derzeit im Bau und ist in Abbildung 7 als CAD-Zeichnung dargestellt.

Abbildung 7: Kombinierte Laser-/Bahnerodiermaschine